Herrschaft

Polemik 2020-13: DDR-BRD-Demokratie, Partei, Bürgermeister
Etwas politische Polemik als Anregung in Corona-Zeiten:
Ein jedes politische System muss Mittel und Wege finden, um sich irgendwie demokratisch zu legitimieren. Das brauchen auch die heutigen internetgefangenen Bürger für ihr Selbstwertgefühl.
Gestern:
In der miterlebten DDR geschah das durch die Ausrufung der „Diktatur des Proletariats“ und der Gründung des „Arbeiter- und Bauernstaates“. Vor dem Hintergrund dieser Aussage konnte eigentlich die Demokratische Republik gar nicht so demokratisch sein. Doch, doch, denn es war klar, dass der überwiegende Teil der Bürger der Arbeiter und Bauernklasse angehörte. Die Künstler, Lehrer und Wissenschaftler bildeten die Minderheit. Alle hauptamtlichen Funktionäre im Parteien- und Regierungsapparat gehörten per Definition auch der Arbeiterklasse an. Also den Staat besaßen alle, aber keiner konnte über seinen Teil bestimmen. Alles war „Volkseigentum“. Die DDR verkam immer mehr zu einer Diktatur der Funktionäre der Einheitspartei, flankiert von den anderen pseudo-eigenständigen Parteien in der Nationalen Front. Ja, es wurde auch gewählt. Eine Parteienmehrheitsänderung in der Volkskammer war schon von vorn herein durch die Kandidatenaufstellung und das Wahlsystem ausgeschlossen. In jedem Betrieb, in jeder Institution, in der Justiz, der Armee und Polizei gab es die unausweichliche Leitungsmehrheit der SED. Auf der Basis von über 2 Millionen Parteimitgliedern der SED vernetzte der Funktionärsapparat alle ca. 18 Millionen DDR-Bürger.
Heute:
Heute erinnern mich nicht wenige Sequenzen des politischen Tagesgeschäfts an Prinzipien, die unabhängig von Demokratie oder Diktatur sind. Wir Menschen haben auch Eigenschaften, die unabhängig von der Gesellschaftsform sind. Es „menschelt“ eben und das unabhängig von der Art der Partei, unabhängig ob in der Regierung oder in der Opposition. Die Abgeordnetenwahl in der Bundesrepublik ist frei und geheim, ohne Zweifel. Und wie sichern sich die jeweils mehrheitsgewählten Bundes- und Landesregierungen ihre Macht. Zum Beispiel damit, dass in staatlichen Institutionen der Wissenschaft- und Bildung, in den Aufsichtsräten und Kuratorien stets Bund und/oder Land die Stimmenmehrheit haben. Also von der Politik der jeweiligen Regierung total abhängig sind. Denn wer den Steuergeldtopf verwaltet, bestimmt die Politik, die Kunst- und Kultur, die Bildung und Wissenschaft und auch die Fördermittel für die Wirtschaft. Die persönlichen Mitglieder der Gremien sind letztlich Staffage. Das Hineinregieren in die Wirtschaft wird schwieriger, da letztlich private Firmen die Beschäftigung hochhalten und damit zum gesellschaftlichen Frieden beitragen. Da kommt es doch oft umgekehrt, dass die globalen Firmen bestimmen, was national politisch umgesetzt werden kann. Das gegenwärtige gesellschaftliche Motto ist „Hilfst Du mir, helf ich Dir“. Und zusammen bilden wir ein Netzwerk. Auf der Basis von Aber-Millionen Computern, Smartphones und den Medien vernetzen die heutigen Meinungsmacher die über 80 Millionen BRD-Bürger.

Mal über „Herrschaft“ kurz nachzudenken kam mir, als ich las, dass in Dresden der Nachfolger des ziehenden grünen Baubürgermeisters nun wieder die Grüne Partei besetzt. So ist es in Dresden üblich. Partei-Kompetenz steht bei allen vom Stadtrat zu wählenden Bürgermeistern über Fachkompetenz. Die Anzahl der Bürgermeister pro Partei ist vorher stadtratsmehrheitlich ausgeklüngelt. Und jetzt kommt das Beste, die Ausschreibung für den Baubürgermeister ist noch gar nicht raus, da steht er de facto schon fest: Der Bundestagsgrüne Kühne, ein gelernter Soziologe, wird Baubürgermeister. Eines hat er versprochen, er will Dresden nicht zur autofreien Stadt machen. Ein von der Bevölkerung gewählter Oberbürgermeister Hilbert ist abhängig von parteibestimmten Bürgermeistern. Hoch lebe die Parteiendemokratie und alle machen mit. Auch die, die einmal angetreten waren, das „Establishment“ aus den Angeln zu heben.