Polemik 24: Politische Korrektheit, Peter Hahne, Speisen
Ich bekam wieder einmal das Buch „Rettet das Zigeuner-Schnitzel“ von Peter Hahne (Bastei Lübbe AG, Köln, 2014, ISBN 978-3-86995070-9) in die Hände. Sofort wurde mir die intellektuell geprägte, aktuelle Diskussion zur „Politischen Korrektheit“ (engl. political correctness) wieder bewusst.
Die ursächliche Idee dieser Diskussion war, dass durch eine an den Tag gelegte Korrektheit Ausdrücke und Handlungen vermieden werden sollten, die Gruppen von Menschen kränken oder beleidigen könnten.
Ist ja vom Grundsatz her nicht unrichtig, hat sich aber, getrieben von politisch-publizistischem Wahn nach absoluter Korrektheit, verselbständigt. Bei jedem Menschen ist doch der Maßstab was als Beleidigung gilt, die dieser austeilt oder auch einsteckt, sehr, sehr individuell. Für mich als Nichtraucher sind die Schockbilder auf den Zigarettenschachteln schon eine Beleidigung, denn ein normal die Mindestschule durchlaufen Habende/r müsste um die Schädlichkeit des Rauchens wissen. Wo bleiben denn ebensolche Schockbilder auf den Zucker- und Salz-Tüten.
Bezogen auf Geschlechter und Rasse kann ich die eingeforderte Korrektheit durchaus unterstützen.
Aber die mediale „Korrektheitspolizei“ durchwühlt unsere Sprachgewohnheiten, obwohl meist die aktuelle Begrifflichkeit nichts mehr mit der wörtlichen Begrifflichkeit gemein hat. Denkt an das vielgebrauchte Wort "Scheiße".
So esse ich doch keinen Angehörigen der Volksgruppe der Sinti und Roma, wenn ich ein Zigeunerschnitzel verspeise, keinem Hamburger wird ein Haar gekrümmt, wenn mir ein „Hamburger“ schmeckt und kein heißer Hund soll verspeist werden, wenn ich nach einem „Hot Dog“ verlange. Viel mehr „Berliner“ sind gegessen worden, als es Berliner je gegeben hat. Hochpolitisch und inkorrekt wird es, wenn jemand anstatt eines Schokokusses (Jetztbezeichnung) einen "Mohrenkopf" oder gar einen "Negerkuss" (frühere Bezeichnungen) beim Bäcker haben möchte. Und was machen wir mit den "Wiener- oder Frankfurter Würstchen"? Zu DDR-Zeiten wurden aus ideologischen Gründen offiziell die "Amerikaner" in "Ammonplätzchen" umbenannt. Doch alle Kunden bestellten beim Bäcker trotzdem "Amerikaner".
Also es gibt viele solcher Beispiele.
In den USA wird nun sogar hinterfragt, ob ein Denkmal von Kolumbus noch weiter aufgestellt bleiben soll aus Gründen der „Political Correctness“. Bei gleich angelegtem Maßstab müssten die Amis sicher auch viele Statuen und Büsten ehemaliger amerikanischer Präsidenten abbauen oder?
Im vereinigten Deutschland konnten wir uns ja austoben in der politisch motivierten Umbenennung von Straßen, Plätzen, Universitäten, Schulen, Sportanlagen, Kasernen, Betrieben, des Abbaus von Denkmalen z.B. in der Osthälfte, sicher in den meisten Fällen berechtigt, vergaßen aber die politische Hinterfragung mancher Straßen- und Kasernen-Namen und aufgestellten Denkmale u.a. in der Westhälfte.
Wenn man Antifaschisten zu Recht ehrt, dann gebietet es die politische Korrektheit, kommunistische Antifaschisten ebenfalls zu ehren.
Übrigens hat es sich die „Korrektheitspolizei" nun zur Aufgabe gemacht, viele Märchen, Sagen, Geschichten und Lieder umzuschreiben. Unsere Enkel und Kinder könnten ja “politisch inkorrekt“ davon werden.
Aber in das „Korrektheits-Stammbuch“ geschrieben - Geschichte war und wird nicht wahrer, wenn ihr sie umschreibt - . Intelligenz beinhaltet auch die Fähigkeit differenzieren zu können…